Erster Härtetest in Barcelona
Porsche kehrt 2023 in die Top-Klasse des Langstreckensports zurück. Dafür wurde ein Prototyp nach LMDh-Reglement entwickelt. Die ersten Proberunden hatte der neue V8-Renner in Weissach absolviert. Anfang Februar 2022 stand der erste Härtetest in Barcelona auf dem Programm. Wir zeigen die aktuellen Bilder.
Im Rahmen der Night of Champions, der rennsportlichen Weihnachtsfeier, hatte Porsche Ende 2021 die ersten Impressionen des neuen LMDh-Prototyps vorgestellt. Kurz nach dem Shakedown im Januar gingen dann auch endlich die ersten offiziellen Fotos vom fahrenden Auto an die Medien. Seitdem veröffentlicht die Le-Mans-Rekordmarke regelmäßig neue Informationen und Bilder. Im Januar lüftete man das Geheimnis um die Scheinwerfer.
Im Februar stand nun der erste Härtetest in Barcelona auf dem Programm. Mit 2.000 Kilometern verdoppelten die Piloten die bisherige Fahrleistung des Protoyps. Auch Neuzugang Felipe Nasr durfte dabei erstmals ins Cockpit klettern. Insgesamt betreuten 70 Mitarbeiter von Porsche und seiner Partner das Projekt an der katalanischen Grand-Prix-Strecke. Die aktuellen Bilder finden Sie in der Galerie.
Debüt 2023 in Daytona
Ab 2023 soll der neue Rennwagen dann sowohl in der Sportwagen-Weltmeisterschaft WEC als auch in der nordamerikanischen IMSA SportsCar Championship um Gesamtsiege kämpfen. Erstmals seit rund drei Jahrzehnten ist es nämlich möglich, mit demselben Auto bei den Klassikern in Le Mans, Sebring und Daytona an der Spitze zu stehen. Eine Aussicht, welche zuletzt für einen regelrechten Boom in der Szene gesorgt hat.
Obwohl Porsche theoretisch noch etwa ein Jahr bis zum ersten Rennen in Daytona hat, drängt die Zeit. Der 680 PS starke Hybrid-Wagen mit Einheitstechnik von Bosch muss bereits im Laufe der zweiten Jahreshälfte ausgereift genug sein, um den Homologationsprozess durchlaufen zu können. Erst wenn dieser erfolgt ist, kann das Auto in der WEC und in der IMSA antreten.
Am 14. Januar drehte der neue Rennwagen auf dem Porsche-Werksgelände in Weissach seine ersten Runden. Beim sogenannten Rollout verschleierte der Prototyp durch eine Tarnfolie seine Konturen. Zudem fehlten die nun vorgestellten LED-Lichter im Taycan-Look. Pilot Frédéric Makowiecki übernahm die ehrenvolle Aufgabe und bilanzierte anschließend: "Das war ein sehr positiver Rollout. Wir konnten einige Runden drehen. Das Auto funktioniert, wie wir es erwartet haben. Das ist ein guter Ausgangspunkt, um weiterzumachen."
Details zum Rennmotor
Der vorherige Höhepunkt der Stuttgarter Salami-Taktik war die Vorstellung des Aggregats. Erst Ende Januar bestätigte man hier die Gerüchte, dass ein großvolumiger V8-Biturbo den LMDh befeuern wird. Zudem verkündete man, dass der Motor "für den Betrieb mit erneuerbaren Kraftstoffen ausgelegt" sei. "Wir hatten bei der Auswahl des Motors für unseren LMDh-Prototypen die Qual der Wahl, denn die Produktpalette bietet mehrere erfolgversprechende Basisaggregate", erklärt Porsche-Motorsport-Leiter Thomas Laudenbach.
"Wir haben uns für den V8-Biturbo entschieden, der aus unserer Sicht die beste Kombination im Hinblick auf Leistungscharakteristik, Gewicht und Kosten bietet." Über den exakten Hubraum trifft Porsche bislang noch keine Aussage. Aus Laudenbachs Worten ist zu entnehmen, dass für den Rennmotor ein Serienaggregat als Basis herhalten könnte. Einen Achtzylinder mit einem Hubraum von vier Litern (3.996 cm³) hat Porsche für seine Baureihen Panamara und Cayenne im Angebot.
Da Porsche und Audi bei der Entwicklung gemeinsame Sache machen, ist klar, dass auch Ingolstadt bei seinem LMDh-Rennwagen den Achtzylinder-Biturbomotor einsetzen wird. Das Regelwerk erlaubt zusammen mit den Einheitshybrid-Bausteinen eine Systemleistung im Rennen von 680 PS. Der Verbrenner darf bis maximal 10.000 Touren drehen und ein Vorbeifahrgeräusch von maximal 110 Dezibel erzeugen. Der Motor muss samt Luftzuführung und Abgastrakt sowie der Peripherie-Bauteile für die Kühlung mindestens 180 Kilogramm wiegen.
Starke Partner, historische Anspielung
Als Werks-Einsatzteam hatte Porsche schon im Mai 2021 die Mannschaft von Roger Penske präsentiert. Der 84-jährige Amerikaner gehört zu den erfolgreichsten Teambesitzern der Welt. Auf seinem Briefkopf stehen unter anderem Siege beim Indy 500, den 24 Stunden von Daytona und den 12 Stunden von Sebring. Letztere gewann er schon 2008 mit Porsche. Eine Neuauflage der Partnerschaft lag damit nahe.
Bei der Night of Champions 2021 wurden Dane Cameron und Felipe Nasr als Entwicklungs- und Einsatzfahrer vorgestellt. Der 33-jährige Amerikaner Cameron hat 2016 und 2019 den Titel in der IMSA gewonnen. Der 29-jährige Ex-Formel-1-Pilot Nasr aus Brasilien sicherte sich 2018 und 2021 die Meisterschaft. Die Leitung des Prototypen-Projekts hat der Schweizer Urs Kuratle übernommen.
Der LMDh basiert auf einem LMP2-Chassis des Spezialisten Multimatic. Außerdem schreibt das kostenschonende Reglement diverse Einheitsteile vor, die nicht verändert werden können. Porsche durfte allen voran den Motor wählen und die Aerodynamik gestalten. Beim Heck-Design hat man sich von den früheren GT1-Autos inspirieren lassen. Bereits die erste Version aus dem Jahr 1996 hatte ein langes rotes Band und breite Schwünge. Besonders markant fällt die Motorabdeckung mit dem großen "Segel" aus.
Auffällig sind die tiefsitzenden Scheinwerfer im Vier-Streifen-Design, deren Positionierung an den Porsche 956 und deren Form an den Taycan erinnern soll. Wie bei den amerikanischen DPi-Rennwagen, auf deren Konzept das neue Reglement beruht, fällt die Nase flach ab. Die Radkästen des noch namenlosen Autos ragen ähnlich wie in der damaligen LMP1 heraus.
Goldene Zeit für Le Mans?
Obwohl die LMDh-Rennwagen auf einem anderen Konzept beruhen, werden sie ab dem Jahr 2023 zusammen mit den bereits bekannten Hypercars (LMH) eine einheitliche Top-Klasse stellen. Aufseiten der Hypercars sind schon jetzt die Autos von Toyota und Glickenhaus am Start. ByKolles, Ferrari und Peugeot arbeiten aktuell an ihren, mit mehr Freiheiten verbundenen Prototypen.
Auch bei den LMDh gibt es schon vor dem ersten gemeinsamen Rennen eine ordentliche Markenvielfalt. Der Volkswagen-Konzern wird dank Audi gleich mit zwei Marken vertreten sein – mit Lamborghini ist sogar eine dritte Tochter interessiert. Möglich wird dies durch die gemeinsame technische Basis, die vom Porsche-LMDh gelegt wird. Aus deutscher Perspektive können sich Fans ebenfalls auf BMW freuen. Der LMDh der Bayern wird aber vorerst nur in der amerikanischen IMSA starten – die Vereinigten Staaten sind der wichtigste Markt von BMW M.
Dort trifft man unter anderem auf die Projekte von Hondas Nobelmarke Acura und GMs Gegenstück Cadillac. Im Jahr 2024 will auch Alpine mit einem LMDh folgen. Aktuell ist Renaults Sportableger in der WEC noch mit einem ehemaligen LMP1 eingeschrieben. Ob die Pläne der Hersteller allesamt eingehalten werden können, ist allerdings unklar. Lieferengpässe und die anhaltende Pandemie stellen die Entwickler-Teams vor große zeitliche Herausforderungen.
In unserer Galerie finden Sie mehr Bilder des neuen Le-Mans-Prototypen.