15 starke China-Marken drängen nach Europa
Chinas Markt für Elektroautos wächst weiter, doch für viele Hersteller endet dieser Aufstieg im Aus. Trotzdem droht für die europäischen Autobauer nach einer Studie der Ausverkauf.
Laut dem aktuellen "Global Automotive Outlook 2025" der Unternehmensberatung Alix-Partners stehen in China neun von zehn Marken im sogenannten NEV-Segment – also bei batterieelektrischen und teilelektrischen Fahrzeugen – vor dem Ende. Von derzeit 129 Anbietern dürften bis 2030 nur noch etwa 15 übrig bleiben.
Wer übrig bleibt, wird auch international agieren
Die Konsolidierung ist aus Sicht der Studienautoren unausweichlich. Der Wettbewerb gilt als der härteste der Welt: Neue Modelle erscheinen im Halbjahrestakt, die Margen sinken, der Preisdruck ist hoch. Vor allem kleinere, junge oder kapitalknapp aufgestellte Marken geraten zunehmend unter Druck. Wer sich nicht dauerhaft behaupten kann, wird aus dem Markt gedrängt – nicht durch Regulierung, sondern durch Geschwindigkeit, Skalierung und technische Überlegenheit.
Die wenigen verbleibenden Anbieter dürften bis zum Ende des Jahrzehnts etwa drei Viertel des gesamten chinesischen NEV-Markts dominieren. Alix-Partners erwartet, dass diese großen Player nicht nur auf dem Heimatmarkt wachsen, sondern auch verstärkt international agieren – vor allem in Europa. Schon heute sichern sich chinesische Hersteller dort Marktanteile, bauen eigene Werke und gehen strategische Partnerschaften mit europäischen Zulieferern oder Entwicklungsdienstleistern ein. Ziel ist nicht allein der Verkauf von Fahrzeugen, sondern der Export von Systemkompetenz: Plattformen, Softwarearchitekturen und vollständige Entwicklungspakete.
Der strukturelle Vorsprung chinesischer Anbieter liegt vor allem in der Geschwindigkeit und Effizienz ihrer Entwicklungs- und Fertigungsprozesse. Neue Fahrzeuge entstehen dort im Durchschnitt doppelt so schnell wie bei westlichen Konkurrenten. Gleichzeitig liegen die Entwicklungskosten um bis zu 50 Prozent niedriger. Auch in der Produktion selbst sind chinesische Hersteller im Vorteil – mit etwa 30 Prozent geringeren Stückkosten. Möglich wird das durch einen weitreichenden Einsatz von Künstlicher Intelligenz, durch softwaredefinierte Fahrzeugarchitekturen und die konsequente Nutzung digitaler Plattformen.
China-Hersteller setzen andere Schwerpunkte
Die Studie hebt hervor, dass die starke Marktposition chinesischer Anbieter zunehmend auf deren Fähigkeit beruht, Software und Hardware eng zu verzahnen. Systeme wie ADAS (Advanced Driver Assistance Systems), OTA-Updates oder personalisierte Fahrzeugfunktionen werden nicht als Zusatz, sondern als zentraler Teil des Produkts betrachtet. Daraus ergibt sich ein technologischer Vorsprung, der sich nicht nur in der Produkterfahrung, sondern auch im Unternehmenserfolg niederschlägt: So erzielen chinesische Zulieferer laut AlixPartners im Schnitt eine operative Marge von 12,9 Prozent – ein Wert, den europäische und US-amerikanische Anbieter derzeit nicht erreichen.
Trotz wachsender Handelshürden und steigender Zölle rechnen die Analysten mit einer weiteren Internationalisierung chinesischer Hersteller. Der Fokus liegt dabei nicht ausschließlich auf dem Export fertiger Fahrzeuge, sondern auf einer Strategie des lokalen Markteintritts. Chinesische Unternehmen beteiligen sich an europäischen Firmen, eröffnen Montagewerke oder bringen eigene Entwicklungsabteilungen vor Ort unter. Der direkte Marktzugang wird zunehmend durch strukturelle Integration ersetzt.
Alix-Partners sieht in dieser Entwicklung eine fundamentale Neuausrichtung des globalen Automobilmarkts. Während in Europa weiterhin mit langen Entscheidungswegen und starren Plattformstrategien gearbeitet werde, setzen chinesische Hersteller auf agile Prozesse, datenbasierte Entscheidungen in Echtzeit und modulare Architekturen. Die Folge ist ein wachsender Rückstand – technologisch wie wirtschaftlich.
In der Fotoshow zeigen wir das BYD-Werk, das wir besuchen konnten.