Ford bricht Rückruf-Rekord
Ford sorgt 2025 für Schlagzeilen – allerdings nicht mit neuen Modellen oder Rekordverkäufen. Eine andere Zahl stellt alles in den Schatten und wirft ein grelles Licht auf die Qualitätsstrategie des Autobauers.
Ford hat einen Rekord gebrochen. Dabei geht es nicht um Verkaufszahlen oder etwa das größte Hubraumvolumen, sondern um etwas, das eigentlich kein Autohersteller gebrauchen kann. Bereits Mitte Juli 2025 zählt der US-Autobauer 89 offizielle Rückrufe. Kein anderer Hersteller hat je zuvor mehr in einem ganzen Jahr verzeichnet. Betroffen sind inzwischen über vier Millionen Fahrzeuge, von F-150 bis Mustang Mach-E, von Explorer bis Lincoln Nautilus. Die Mängel reichen von defekten Kraftstoffpumpen über Software-Fehler bis hin zu Sicherheitskomponenten – ein breites Feld, das Ford inzwischen mit neu aufgestellten Expertenteams offensiv analysiert.
Ein Drittel der Rückrufe basiert auf sogenannten Rückruf-Audits, also der gezielten Überprüfung früherer Reparaturmaßnahmen. Vor allem solcher, bei denen Software-Lösungen als finale Abhilfe galten. Parallel dazu hatte der Konzern seit Anfang 2024 seine Qualitätssicherung massiv ausgebaut. Das interne Technikteam hat inzwischen mehr als doppelt so viele Mitarbeiter wie bisher. Außerdem verlängerte Ford die Testzyklen für Antriebsstrang, Lenkung und Fahrassistenzsysteme.
70 Prozent der Führungskräfte-Boni sind inzwischen an Qualitätskennzahlen gebunden. COO Kumar Galhotra spricht gegenüber dem "Wall Street Journal" von einem "intensiven Ansatz, um systematisch besser zu werden". Die hohe Rückrufquote sei Teil eines Reifeprozesses, nicht Ausdruck wachsender Schwächen. Statt zu reagieren, will Ford jetzt führen und das Vertrauen der Kundschaft über konsequente Transparenz zurückgewinnen.
Kosten, Kritik und Konkurrenz
Trotz dieser Strategie hinterlassen die Rückrufe auch wirtschaftlich ihre Spuren. Laut Analystenschätzungen belaufen sich die Rückrufkosten inzwischen auf rund vier Prozent des Konzernumsatzes, was deutlich über dem Branchenschnitt liegt. Die Ford-Aktie notierte zuletzt bei 11,78 US-Dollar, auch wegen wachsender Unsicherheit am Markt. Und dennoch: Die Verkaufszahlen sprechen eine andere Sprache. Im ersten Halbjahr 2025 stieg der Absatz um 6,6 Prozent – hauptsächlich dank starker Pick-up-Modelle und einem stabilen US-Markt.
Im Branchenvergleich ist die Rückrufstatistik dennoch einschneidend. Stellantis kommt im selben Zeitraum auf lediglich 18 Rückrufe, auch General Motors und Hyundai liegen weit darunter. Fast vier von zehn Rückrufen in den USA betreffen aktuell Ford-Fahrzeuge.
Signalwirkung über den US-Markt hinaus
Zwar betreffen die 89 Rückrufe ausschließlich den US-Markt, wie aus den Daten der US-Verkehrssicherheitsbehörde NHTSA hervorgeht, doch die Signalwirkung ist international. Auch in Europa könnte Ford mit Blick auf diese Zahlen und die neue Rückrufphilosophie seine internen Abläufe kritisch prüfen, wenn auch unter anderen regulatorischen Rahmenbedingungen. Entscheidend werden die nächsten Monate. Mit dem Q2-Finanzbericht von Ford am 30. Juli wird erstmals detailliert sichtbar, welche finanziellen Folgen die Rückrufstrategie nach sich zieht und ob sich der erhoffte Qualitätseffekt bereits in sinkenden Fehlerquoten niederschlägt.
Hinweis: In der Bildergalerie sehen Sie den aktuellen Ford F-150.