VW Grand California 600 im Fahrbericht
Autohersteller VW möchte nun auch in der Kategorie Campingbus mit Bad ein Wörtchen mitreden – und zwar mit dem Grand California. promobil hat die 600-Version mit 2,0-Liter-Turbodiesel und 177 Pferdestärken auf Gran Canaria getestet.
Wir erinnern uns. Vorgestellt hatte VW den Gran California so, wie er später in Serie gehen sollte, schon auf dem Caravan Salon 2018. Bekannt gegeben wurde auch da schon die spätere Preisvorstellung. Und die wirkte wie ein Paukenschlag. Mit 54.990 Euro ist der große Bulli zwar immer noch kein Schnäppchen, dennoch bleibt er signifikant unter Wettbewerbern, die auf ähnlich hochwertigen Basisfahrzeugen, also dem VW Crafter oder dem neuen Mercedes Sprinter, aufbauen. Zusammen mit dem VW-Händlernetz ein klarer Verkaufsvorteil für VW.
VW mit Kampfansage
Volkswagen meint es ernst, möchte Geld verdienen mit dem großen Bruder des überaus populären kleinen California. Vom stetig wachsenden Campingbusmarkt will sich auch VW eine Scheibe abschneiden, notfalls (oder bewusst) auch auf Kosten der Konkurrenz. Das verleiht der Situation eine gewisse Würze, als VW im Januar 2019 die leicht überarbeitete Vorserienversion des Grand California präsentiert. Jetzt, im Mai, können wir den Grand California erstmals ausgiebig auf einer Campingtour testen. Vor uns steht ein 600er, die kompaktere Version der beiden Modelle.
Grand California trifft Gran Canaria./strong>
Man tritt automatisch mit einer großen Erwartungshaltung an ein Wohnmobil heran, das angetreten ist, den Campingbusmarkt aufzumischen. Das gilt auch für das Fahrerlebnis, denn der Crafter legt diesbezüglich die Latte ziemlich hoch. Serie beim großen Bulli sind 177 PS, die Maximalmotorisierung des 2,0-L-Turbodiesel. Gepaart mit der Achtgang-Wandlerautomatik, die zum Schrecken der Konkurrenz und zur Freude der Käufer ebenfalls serienmäßig ist, ergibt sich eine Antriebseinheit, die kaum Wünsche offen lässt.
Der Motor zieht den knapp 3,2 Tonnen schweren Camper (inklusive Zwei-Mann-Besatzung) mühelos in die Höhen des felsigen Inselinneren von Gran Canaria. Eigentlich Schwerstarbeit für ein Auto, die für den California indes eine leichte Übung zu sein scheinen. Kurve um Kurve schraubt er sich hinauf, präzise und verbindlich den Lenkbefehlen über das griffige Ledervolant folgend. Das ist, wie es ja derzeit Mode ist, unten abgeflacht, liegt gut in der Hand und ermöglicht über die zahlreichen Tasten die Bedienung vieler Funktionen, für die wir hier in den spitzkehrigen Bergsträßchen noch gar keine Verwendung gefunden haben. Der Abstandsregeltempomat, aus Erfahrung ein zuverlässiger und komfortabler Assistent, gehört dazu. Auch das Radio spielt eher eine Nebenrollo.
Fahrwerk mit Spaßgarantie
Man hört als Tester ja immer auch auf Nebengeräusche. Von vorne? Der Motor murmelt leise und so gut gedämmt, dass Windgeräusche von den Scheiben- und Türrahmen umso auffälliger hervortreten; bei höheren Geschwindigkeiten aber nur, ab etwa 100 km/h. Von hinten? Der Ausbau ist, wie man uns versichert, noch prototypisch und mutmaßlich deswegen noch nicht ganz frei von Klappergeräuschen. Von unten? Kein Fahrwerkspoltern, weder bei Schlaglöchern, noch auf Pflaster, noch als wir über die schroffen Felsen der Campingbuszufahrt hoppeln. Wenn uns jemand fragte, was wir am herausragendsten finden, an dieser Grand-California-Basis, wir würden mit der allerallergrößten Wahrscheinlichkeit auf das Fahrwerk verweisen.
Name ist Programm
Sechs Meter lang, ein Querbett im Heck samt der dazu notwendigen Karosserieverbreiterungen links und rechts, ein kleines Bad inklusive WC in der Mitte, gegenüber die Küche, die leicht in den Schiebetürausschnitt hineinragt, eine Sitzgruppe samt bequem konturierter Rückbank, einem für Campingbusverhältnisse sehr großen Tisch sowie Fahrerhaussitzen, die nach wie vor nur etwas umständlich zu drehen sind.
Alles da, was man für einen gepflegten Campingtrip braucht.Und sogar noch ein bisschen mehr. Unter dem charakteristischen GfK-Dach des Grand California 600 mit der angedeuteten Alkovennase steckt ein Dachbett mit jugendlichen Maßen, das sich VW mit 2800 Euro extra bezahlen lässt.
Viel Geld, um auch mit der Familie in den Urlaub zu fahren. Allerdings, das muss man sagen, beeindruckt die Leichtgängigkeit, mit der sich das Bett durch seinem Schienenmechnismus auf volle Liegelänge ausziehen lässt. Der Liegekomfort der Matratze ist ebenfalls exzellent. Nur die Maße können nicht jeden befriedigen. 1,93 Meter Länge erreicht das Bett nur auf der linken Seite durch einen umklappbaren kleinen Polsterkeil. Der Rest ist wie gesagt kindgerecht, auch was die geringe Kopffreiheit angeht.
Fazit
Er wird seinen Weg machen, dieser VW Grand California, das steht nach der ersten Campingtour fester denn je. Wegen des großen Händlernetzes, klar. Wegen des Ausbaus ebenso – und wem das Querbett des 600 nicht gefällt, der findet im 680 ja noch eine komfortablere, stauraumreichere, aber natürlich auch sehr viel längere Alternative. Wegen des Entwicklungsniveaus, das den Ansprüchen eines Pkw-Herstellers sehr nahe kommt, ohne die tägliche Campingpraxis außer Acht zu lassen. Natürlich wegen des Preises, der auch dann noch konkurrenzfähig bleibt, wenn man berücksichtigt, dass Klappstühle, Campingtisch, Solaranlage, Markise, Spurhalteassistent, 17-Zoll-Räder, Rückfahrkamera, Navi und vieles andere extra kosten. Aber vor allem wegen der Crafter-Basis, die in vielen Punkten Maßstäbe setzt in der 3,5-Tonnen-Klasse.