VW Südafrika: Für ein Leben neben den Autos
Vieles ist besser geworden im Land von Nelson Mandela, aber es ist noch lange nicht alles gut in Südafrika. Im Bemühen um eine bessere Bildung und Ausbildung sowie mehr Arbeitsplätzen für die schwarze Bevölkerung tragen Wirtschaftsunternehmen eine besondere Verantwortung. Als einer der größten Arbeitgeber des Landes engagiert sich auch die Volkswagen Group South Africa.
Uitenhage ist eine Industriestadt mit knapp über 100.000 Einwohnern in der Gemeinde Nelson Mandela Bay, Provinz Ostkap. Mit zuletzt 116.000 Modellen des VW Polo und des Cross Polo verlassen jährlich mehr Autos das VW-Werk, als Menschen in der Umgebung leben. Über 4.100 von ihnen gibt Volkswagen einen Arbeitsplatz, der Hafen der Provinzhauptstadt Port Elizabeth, von dem aus die Neuwagen in alle Welt verschifft werden, ist knapp 34 Kilometer entfernt. Seit 1948 werden in Uitenhage Autos produziert, in den ersten Jahren solche vom Typ Studebaker, ab 1951 übernahmen die Wolfsburger und der Käfer lief vom Band. Seit dieser Zeit hat der Konzern mehr als 250 Millionen investiert, es ist das größte finanzielle Engagement eines Unternehmens in Südafrika.
Lust auf Südafrika. Schauen Sie doch gleich hier in einen Reiseführer
VW ist auch der größte Arbeitgeber am Ostkap, und ohne ihn würde es bei einer Arbeitslosenquote von bis zu 50 Prozent in diesem Teil Südafrikas bitter aussehen. Deshalb sind hier Begriffe wie Corporate Social Responsibility (CSR) oder Corporate Social Investment (CSI) nicht nur nach Wohltätigkeit klingende Metaphern, sondern ein Versprechen. "Wir bekennen uns zu CSI, weil wir glauben, dass es notwendig ist, damit wir als authentisches Unternehmen mit großem Einfluss in Südafrika wahrgenommen werden", sagte General Manager David Powels, bevor er vor wenigen Wochen zu VW nach Brasilien wechselte. Übrigens wurde dort bereits in den 70er-Jahren die erste Unternehmensstiftung des Konzerns im Ausland gegründet, der "Community Trust" in Südafrika folgte Ende der Achtziger. Seit dieser Zeit stellt sich das Unternehmen mit jährlich vielen Millionen Rand seiner sozialen Verantwortung. "Volkswagen for good" heißt das Programm, mit dem insgesamt 40 Projekte unterstützt werden. Vier von ihnen werden hier kurz vorgestellt.
People Pavillion mit Fifa-Schiedsrichter
Auf dem exakt 518.912 Quadratmeter großen Firmengelände von Uitenhage steht seit gut einem Jahr ein neues Gebäude, dem sich ein Fußballfeld mit saftig grünem Rasen anschließt. People Pavilion nennt sich der drei Millionen Euro teuere Neubau, der 18 Stunden am Tag geöffnet hat und sich in kürzester Zeit zum beliebten Freizeittreff von Mitarbeitern und deren Familien entwickelte. Es gibt eine Sporthalle, ein Reha- und ein Erholungszentrum, dazu ein Restaurant, und wenn Feste anstehen, können die im People Pavilion gefeiert werden. 1.200 Mitglieder hat dieser Werksclub bereits. Jedes von ihnen bezahlt eine Mitgliedsgebühr von 57 Rand, das sind umgerechnet keine 4 Euro. "Wir haben bis zu 8.000 Besucher monatlich," verkündet People-Pavilion-Manager Buyile Gqubuile stolz. Wobei man dem 47-jährigen nachsehen muss, dass er besonders die Fußballmannschaft des People Pavilion ins Herz geschlossen hat - der Mann war schließlich Fifa-Schiedsrichter bei der Fußball-WM 2010 in Südafrika.
Ein paar Kilometer weiter ist Dominic Swartz seit 2011 Schulleiter der Ikhwwezi Lomso Pre-Primary School, einem Vorschul-Kindergarten. Ein halbes Dutzend Erzieher kümmern sich hier um rund hundert Kinder der Ärmsten, alle zwischen zwei und fünf Jahre alt, die Hilfe bitter nötig haben. "Es sind Kinder", erklärt Dominic, "deren Erziehung auf dem niedrigsten Level stattfindet. Sie werden von ihren Eltern vernachlässigt, auch körperlich." In seiner Vorschule bekommen die Kinder zu essen, treiben Sport, dürfen beim Spielen Kinder sein. Auch psychologische Betreuung der Kleinen stellt und bezahlt die Schule, und beim einmal die Woche stattfindenden Leseprogramm ist die Tür für alle Kids aus der Umgebung geöffnet. Bemerkenswert ist, dass von der Startfinanzierung von 4,5 Millionen Rand (ca. 345.000 Euro) Volkswagen 3,6 Millionen trug und der Rest von VW-Mitarbeitern beigesteuert wurde.
Chancen für's Business und das Leben
Im VW Business Center von Uithage geht es um Startups. Jungunternehmer mit einer guten Business-Idee werden von Experten von "Raizcorp" geschult, einer Beratungsfirma, mit der VW kooperiert. Wer im Business Center um Hilfe bittet, muss mindestens 18 Jahre alt sein, ein Handy und eine feste Adresse vorweisen, dazu einen Monatsumsatz von 10.000 Rand (ca. 750 Euro). Überzeugt das Konzept wie bei Mosa Dikobo, dem stolzen 27-jährigen Inhaber von "Citrub Clean Solutions", wird er aus dem jährlichen Gesamtbudget von 5,4 Millionen Rand mit 250.000 Rand (ca. 19.500 Euro) unterstützt. Mit seiner Reinigungsfirma, die er nach ökofreundlichen Standards betreibt, verdient Mosa bereits gutes Geld. Die Anschubfinanzierung hat ihm geholfen, aber noch mehr die Ratschläge, die er erhalten hat. Er sagt: "Ich bin jetzt seit einem Jahr dabei und kann Tag und Nacht anrufen, wenn ich Hilfe brauche."
Unsere letzte Station ist das loveLife Youth Centre in KwaNobuhle, einem Vorort von Uithage. Das Jugendzentrum ist eine Auffangstation für Jugendliche aus der Umgebung, auch für solche, die mit Drogen, Alkohol und Kriminalität zu tun haben. Um sie kümmert sich Linda, eine junge Sozialarbeiterin, die sagt: "Oft hilft es schon, zuzuhören. Und wenn es mir gelingt, ihr Vertrauen zu gewinnen, nehmen sie auch das Angebot an, regelmäßig zu uns zu kommen." Zwischen 12 und 18 Jahre sind die Kinder, und das Zentrum bietet ihnen eine Menge Alternativen zum Absturz in den umliegenden Armenvierteln: Computer-Schulung, Fußball mit Ausflügen im Soccer-Bus, Gespräche mit Psychologen, es gibt sogar eine eigene Radiostation. L2K sendet auf 99.8 mit jungen Laienmoderatoren fröhliche Botschaften und Musik im Umkreis von 13 Kilometern über den Äther. "Es ist oft sehr schwierig, Überzeugungsarbeit zu leisten", sagt Themba Maseti, der Center-Manager. "Aber es gibt nichts Schöneres, als zu sehen, wenn wir einem jungen Menschen eine Chance fürs Leben geben können."
David Powels, jetzt Ex-General Manager der Volkswagen Group South Africa, hat das ähnlich formuliert: "CSI ist kein einfaches Feld, es gibt eine Menge Herausforderungen. Aber für die Menschen nehmen wir die gerne an. Es lohnt sich." Für ein Leben neben den Autos.