E-SUV mit Drehzahlmesser und 250 km/h Topspeed
Der Aufbau wackelt, die Bass-Shaker in den Sitzen vibrieren: So bereitet die M60-Topversion des BMW iX per "Power-Shake" auf seinen 1.100-Nm-Kavaliersstart vor. Wie viel M steckt sonst im 455 kW starken Elektro-SUV? Finden wir auf einer ersten Fahrt mit dem Elektro-SUV heraus.
Wie lautet eigentlich die Erwartung an M-Performance-Modelle von BMW? In der Essenz: eine gesunde Dosis Leistungsüberschuss, mit der sich die Hinterachse spielerisch nach außen schubsen lässt. Die PS-Spritze haben sie dem neuen iX M60 gesetzt – doch im Erinnerungsabgleich mit dem xDrive50 drängt sich schnell der Eindruck auf: Großartig anders kurvt das neue Topmodell trotz M-Plaketten nicht. Okay, vielleicht bewegt sich die Karosserie etwas weniger, immerhin sind die Stabilisatoren hinten 20 und vorne zehn Prozent steifer, zudem haben die Adaptivstoßdämpfer eine eigene Abstimmung. Bissig oder aufregend fährt er trotzdem nicht, stattdessen gilt wie beim 50er: Für einen luftgefederten 2,6-Tonner handelt er Kurven einfach nur sehr souverän und per Hinterachslenkung recht agil ab.
Für überschaubare Modifikationen spricht auch die weiterhin rückmeldungsarme, ansonsten aber angenehme Lenkung. Auch bleibt es bei der identischen ESP-Regellogik: Die Antriebsleistung wird am Kurvenausgang erst vollständig freigegeben, sobald das Lenkrad geradeaus zeigt. Und ein Sperrdifferenzial? Das fehlt genauso wie beim i4 M50, obwohl der Spaßbringer traditionell auch bei den SUV zur Grundausstattung der M-Performance-Modelle gehört.
Außen erkennt man den iX M60 hauptsächlich an den schwarzen, bronzeumrandeten M-Plaketten sowie an den Optionsfelgen "Aerodynamikräder 1022", die je fünf Carbonkappen an den Speichen tragen. M60-exklusiv sind Sportreifen erhältlich, die dem Testwagen fehlen.
Die Differenzierung erfolgt also am stärksten über die von 200 auf 250 km/h angehobene Höchstgeschwindigkeit sowie vor allem den stärkeren Antrieb, der im System für bis zu zehn Sekunden maximal 455 kW (619 PS) leistet. Das Plus von 70 kW gegenüber dem xDrive50 wird per überarbeitetem Hinterachsmotor erreicht, der mit Doppelinverter über sechs statt drei Phasen läuft und eine 20 mm längere Stator-Rotor-Kombination einsetzt. In der Spitze liefert er 360 statt 230 kW, während der Frontmotor bei 190 kW bleibt.
Das Ladetempo entspricht mit bis zu 195 kW und 39 Minuten von zehn auf 80 Prozent bei identischem 105,2-kWh-Akku dem des xDrive50, der im WLTP-Mix 590 Kilometer fährt (M60: 502 km).
E-Auto mit Drehzahlmesser
Zum Antriebsstrang lassen sich einige Daten über die Sportanzeige des Infotainments auslesen, die nicht nur kW und Nm bereitstellen, sondern auch die Temperatur der ölbasierten Heckmotorkühlung und sogar einen Drehzahlmesser, den wir bisher in keinem anderen E-Auto entdeckt haben. Die Daten sind keine Spielerei, denn sie vermitteln ein Verständnis für den E-Antrieb. Zum Beispiel lässt sich damit herleiten, dass die Drehzahl nicht in einem festen Verhältnis zur Leistung steht – denn neben den Umdrehungen zählt eben auch die (nicht angezeigte) Stromzufuhr. Auch bestätigt sie, dass die Leistung gedrosselt wird, sobald das Kühlsystem eine Temperatur im Bereich von 90 Grad meldet, was während der Testfahrt (26 °C) auf der Autobahn nach nur wenigen Volllastbeschleunigungen der Fall ist.
Zunächst zieht er wuchtig auf 250 km/h, zeigt dann 14.900/min an. Beim zweiten Mal braucht es schon mehr Geduld, und zwei, drei Zwischensprints später liegt die Kühlmitteltemperatur dann bei 97 Grad und der Leistungsbalken bleibt bei 150 kW hängen. Für Dauervolllast scheint die Kühlung also nicht dimensioniert, wenngleich sie bei Richtgeschwindigkeit in wenigen Minuten wieder stark sinkt. Sobald wir einen Testwagen in der Redaktion haben, können wir mit unseren Messdaten präzisere Aussagen zur Belastbarkeit treffen.
1.100 Nm im Luxus-SUV
Unter guten Bedingungen fordert die Launch Control die Nackenmuskulatur mit kurzzeitig bis zu 1.100 Nm heraus: BMW gibt 3,8 Sekunden für den Null-auf-hundert-Sprint an (xDrive50: 4,6 s). Beeindruckte Beifahrer sind mit dem M60 also sicher, glücklicherweise aber nicht nur wegen der ganzen Power, sondern vor allem, weil der 4,95-Meter-SUV viel Komfort bietet. Womit genau? Suchen Sie sich was aus, die Antwort lautet so gut wie immer: "Ja, damit zum Beispiel." Ärgerlich ist nur, dass die Favoritenfunktion und die Klimasteuerung auf dem Touchscreen liegen – die iDrive-Bedienung bleibt jedoch immer noch sehr gut. Auch nicht so cool: Die Kristallglasschalter blenden je nach Sonneneinstrahlung.
Die kosten 1.150 Euro Aufpreis, sonst gehört beim M60 jedoch vieles zum Serienumfang. Mit 135.500 Euro liegt er 33.000 über dem xDrive50, wobei die Differenz bei gleicher Ausstattung auf rund 9.000 Euro sinkt – gar nicht mal so wenig, so betrachtet allerdings weniger, als BMW sonst an M-Performance-Zuschlag verlangt.