BMW M2: Viel Grip, weniger verspielt - Ay, Caramba!

Mit dem Generationswechsel übernimmt der neue M2 die Technik des M4 inklusive beider Getriebevarianten, wird nun aber in Mexiko statt Leipzig gebaut. Leistung? Rund 450 PS. Teststrecke? Salzburgring.
Jetzt ist es also so weit: Der leicht gewachsene M2 überragt das M3-Coupé der E46-Baureihe (1998 bis 2006) nun in alle Richtungen – zwar nicht viel, trotzdem wirkt er bulliger. Die entscheidenden Parallelen bestehen zu den aktuellen M3/M4, deren Technik der neue M2 (G87) übernimmt. Das betrifft Fahrwerk und Motor, die Brake-by-Wire-Bremsanlage sowie die Räder – xDrive wird es hingegen nicht geben.
Genaue Daten verrät die M GmbH im derzeitigen Entwicklungsstadium nur wenige. So heißt es selbst zur Leistung nur: "auf M2-CS-Niveau", also etwa 450 PS. Die Spurweiten gleichen nahezu denen des M4, der Radstand ist hingegen elf Zentimeter kürzer. Dieser beträgt somit 2.747 Millimeter und liegt 54 Millimeter über dem des Vorgänger-M2. Im Vergleich zum M4 sind die Federn vorne etwas steifer ausgelegt, hinten weicher, dafür mit den Stoßdämpfern des kommenden M3 Touring kombiniert, die höhere Dämpfkräfte entwickeln.
Die Michelin Pilot Sport 4S für den neuen M2 sind in der Effizienzklasse C eingestuft, was wegen der E-Bewertung der Vorgängerbereifung auf ein niedrigeres Gripniveau hindeutet. Jedoch sind die Reifen nun viel breiter und hinten einen Zoll größer, zudem wurde die Differenz in der Breite zwischen Vorder- und Hinterachse von 20 auf 10 mm reduziert: 245/45 R19 und 265/45 R19 versus 275/35 R19 und 285/30 R20 (Serienausrüstung: 18 und 19 Zoll).
"Erwachsener geworden"
In den ewig langen Rechtskurven des Salzburgrings greifen die Pellen jedenfalls mächtig zu, was du inklusive des Haftungslimits deutlich in der Lenkung spürst. Auch hält die Vorderachse den M2 beim Umlenken in den beiden Schikanen sauber auf der Linie – genau genommen kannst du dabei ziemlich am Lenkrad reißen, ohne Fahrstabilität einzubüßen. Zudem wirkt er viel traktionsstärker als sein Vorgänger und hält das Heck am Kurvenausgang trotz frühem Vollgas meist in der Spur.
Das fühlt sich schon deutlich neutraler an als im alten M2 Competition (oder CS), der sein Heck ohne große Aufforderung permanent nach außen drückt. Die M-Leute beschreiben den Neuen als "erwachsener", auch weil er Bodenwellen "störungsunempfindlicher" überfahren soll. Für Drifts versprechen sie mit weicher einsetzender Gierbeschleunigung ein weiteres Präzisionsplus – verstehen kann man das alles auch als "weniger verspielt". So oder so dürfte die höhere Fahrstabilität zu schnelleren Rundenzeiten führen, besonders mit den Sportreifen (Pilot Sport Cup 2, auf den Testautos nicht montiert). Wohlgemerkt basieren die Eindrücke auf sechs Runden über den österreichischen Hochgeschwindigkeitskurs, der nur wenig Kurvenvarianz bietet. Es gilt also abzuwarten, wie sich der M2 auf kurvenreicheren Strecken und vor allem auf Landstraßen verhält.
Handschalter bleibt erhalten
Fest steht, dass der Dreiliter-Reihensechser (S58) auf Daueranschlag massiv Druck macht. So zeigt der aus dem i4 übernommene Digitaltacho extrem zügig 240 km/h an. An dem Biturbomotor hängt eine schnell schaltende Achtgangautomatik (zuvor: Doppelkupplungsgetriebe) oder eine manuelle Sechsgangbox, die weder am Kupplungspedal noch am Schalthebel hohe Bedienkräfte verlangt. Die automatische Zwischengasfunktion lässt sich nun ohne die bisherige Koppelung an den ESP-Modus einstellen. Auch eine willkommene M4-Übernahme: die zehnstufige Traktionskontrolle.
Testen konnten wir bei der High-Speed-Hatz noch nicht, wie speziell die Handschalterversion aus mittleren Drehzahlen bei niedrigen Geschwindigkeiten durchzieht. Wissenswert wäre das besonders, weil der handgeschaltete M4 (480 PS) wegen der langen Übersetzung des zweiten Gangs in Spitzkehren zunächst im Turbolochbereich festhängt, bevor er richtig durchlädt.
Zweifellos vielversprechend ist das Upgrade auf die M4-Bremsanlage, denn im alten M2 wird der Pedalweg auf manchen Rennstrecken (zum Beispiel Hockenheimring) schnell länger und weicher. Das kann mit der neuen Brake-by-Wire-Anlage gar nicht passieren, da mit dem Bremspedal nur ein Signal an ein Steuergerät gesendet wird, das einen Aktuator mit der gewünschten Verzögerungsleistung beauftragt. Da sich das Pedalgefühl bei überhitzender Bremse nicht ändert, würde davor per Kombiinstrument gewarnt, wozu es auf dem Salzburgring in den je drei Runden pro Getriebevariante nicht kommt. Basierend auf dem zum Generationswechsel um gut 5.000 Euro gestiegenen Preis für einen M240i können wir vorwarnen, dass der im April 2023 startende M2 wohl gut 70.000 Euro kosten wird.