Porsche Cayman S und Porsche 911 S im Test
In Euro betrachtet sprechen über 40.000 Gründe für den neuen
Porsche Cayman S. Aber der junge Wilde hat noch mehr zu bieten und
zeigt dem etablierten Porsche 911, was er alles kann.
Es gibt Adels- und Doktortitel – beides manchmal nur eine Frage des Preises. Aber einen Heldenstatus? Unverkäuflich. Also rüttelt der Porsche Cayman S mit engagiertem Tatendrang am Elfer-Thron. Als 3,4-Liter-Mittelmotor-Kombination, nun deutlich akzentuierter und austrainierter, fordert er mit 325 PS und 1.432 Kilo Kampfgewicht das schwäbische Sportwagen-Urgestein heraus: den 3,8-Liter-911, 1.503 kg schwer und 400 PS stark.
Türen auf und Auftakt zu Runde eins, in der sich der Porsche 911 sofort um zwei Punkte Respekt verschafft. Dabei ist von sportlichen Tugenden noch gar keine Rede, sondern von Funktionalität, Rundumsicht und innerer Größe. Noch wahrt der Porsche Cayman Respektabstand. In ihn steigt man nicht ganz so locker, sondern schlüpft vielmehr hinein wie in einen figurbetonten Anzug.
Porsche Cayman mit sensibler federndem Fahrwerk
Wohl fühlt man sich in beiden, von ähnlichen Instrumenten gleich gut informiert. Bei der Bedienung stellen die teils kleinen Knöpfe identische Lernaufgaben. Sicherheitsausstattung? Durchschnittlich, womit dieses Kapitel unentschieden endet. Auch, weil der Porsche Cayman und Carrera enorme Bremsleistungen hinlegen, die in ihrer Intensität fast das Punktespektrum sprengen. Vom stimmigen Pedalgefühl und der feinen Dosierbarkeit ganz zu schweigen.
Durchatmen, noch ist die Hierarchie im Lot. Zumindest vor Runde drei: Komfort, wo Porsche Cayman als auch der 911 mit optionalen Sportsitzen überzeugen – vielfach verstellbar und passgenau, bei über ein g Querbeschleunigung bestens stützend, ohne nach 300 Autobahn-Kilometern auch nur ansatzweise zu ermüden. Also jeweils die vollen 20 Punkte. Und die Klimatisierung? Anstandslos – Patt.
Dann geht der Porsche Cayman in die Offensive mit seinem elektronisch geregelten Fahrwerk, das sensibler anfedert, kurze Stöße verdaut, an denen der Elfer kurz knabbert. In Stufe Sport des PASM spreizt der Carrera weiter, packt die trockene Abstimmung aus, während sein kleiner Bruder Porsche Cayman auf Sport noch langstreckentauglich dämpft. Ähnlich sittsam hält der den Schallpegel in Grenzen, was bei der Messung Plus-, emotional betrachtet aber Minuspunkte bringt.
Elfer schnappt sich Wertungspunkte mit seinen Notsitzen
Außen hui, innen – naja – singt sich der Mittelmotor-Boxer im Porsche Cayman nasal durchs Drehzahlband. Es fehlt der phonetische Kick, den der 911 Carrera füllig und satt austeilt. Im Sportmodus verdichtet sich die mächtige Druckwelle der Ansaugschwingungen dann derart stark, dass man sich jenseits von 6.000 Touren schon fast im radikalen RS wähnt.
Allerdings fahren hinten keine Überrollbügel, sondern die rudimentären Notsitze mit, dank deren Minimalplätzen der 911 Carrera weiter punktet. Mit vier Zählern Vorsprung vor dem Porsche Cayman biegt er ins Antriebskapitel ein. Ein brauchbares Polster, von dem der leicht höhere Verbrauch (12,9 zu zwölf Liter/100 km) kurzzeitig etwas abknapst. Der kräftigere Durchzug, die besseren Fahrwerte sowie das noch eine Spur gierigere und spontanere Ansprechverhalten spulen wieder zwei Zusatzzähler auf das Elfer-Konto.
Mehr Hubraum ergibt zwar mehr Leistung, bringt im Zweikampf allerdings bei der Laufruhe keinen Vorteil. Bei der verschliffenen Arbeitsweise ihrer Doppelkupplungsgetriebe sind sich die beiden Brüder ebenfalls einig – abgesehen davon, dass dieses empfehlenswerte Extra im Porsche Cayman rund 700 Euro günstiger ist. Den Mehrwert der reibungslos funktionierenden Start-Stopp-Technik und des Freilaufs bietet es trotzdem, und von den trefflichen Schaltstrategien im Großen profitiert nun auch der Kleine. Schalten oder schalten lassen, das PDK kann beides und das auch noch elegant oder sportlich.
Porsche Cayman fordert seinen Fahrer mehr
Endspurt. Finale Furioso in der Disziplin Fahreigenschaften. Ein Heimspiel quasi, für beide. Zumal der mit dem optionalen Aero-Paket ausstaffierte 911 sechs Punkte Vorsprung mit nach Hockenheim bringt und dort rigoros nachlegt. Weil seine Lenkung Präzision mit Rückmeldung und Ruhe vereint, er sich in die Ideallinie verbeißt, hauchzart untersteuernd an ihr entlanggleitet und auch am Kurvenausgang dank grandioser Traktion keinen Millimeter verschenkt.
So schnell und doch so sicher sind wenige – auch ein Porsche Cayman nicht. Der gibt sich beim schnellen Geradeaus einen Tick entspannter, biegt dafür nicht so höchstverbindlich in den Kleinen Kurs ein. Leichter wirkt er schon, quirliger und williger. Aber am Ende fordert der Porsche Cayman seinen Fahrer mehr. Er tritt dem hoch angesiedelten Grenzbereich nicht mit stoischer 911-Ruhe entgegen, sondern zeigt eine dezente Lastwechselgier um die Hochachse. In Zahlen ausgedrückt verlässt der 911 Hockenheim mit einer Rundenzeit von 1.12,1 Minuten, während der Porsche Cayman S die gleichen 2,6 Kilometer in 1.13,0 Minuten abspult.
Die Kosten bringen die Wende
Also nochmal plus sechs Zähler pro Elfer und einen Zwölf-Punkte-Sieg in der Eigenschaftswertung. Bis zum Gesamtsieg stehen allerdings noch zwei Runden aus, zunächst das Umwelt-Kapitel, in dem der Porsche Cayman S – leichter, leiser, schadstoffärmer – mal eben sechs Punkte egalisiert. Im abschließenden Kostenkapitel ist er voll am Drücker und spielt seinen größten Joker eiskalt aus.
Bei 66.944 zu 108.684 Euro bleibt nicht nur dem Carrera S der Zündfunke weg. So überragend können seine Eigenschaften gar nicht sein, dafür rückt ihm der Porsche Cayman S nun mal viel zu dicht auf den Bürzel. Aber der Heldenstatus, der bleibt.