Schnellladen – Genial oder gefährlich?
Schneller Laden bedeutet mehr Wärme, die im Akku zirkuliert. In der Summe würde es ein Minus für die Nutzungsdauer ergeben. Aber dank neuer Standards ist Licht am Akku-Horizont.
Schnellladen ist so populär, dass sich die Hersteller versuchen gegenseitig zu überbieten, in Sachen schnellster Ladeleistung. Ganz vorne liegt zur Zeit Xiaomi, mit seiner Ladetechnologie dauert eine Vollladung noch nicht einmal 20 Minuten, denn es wird mit 120 Watt gearbeitet!
So ein irres Ladetempo ist nicht unbedingt gesund für den Akku. In diesem Artikel lesen Sie Grundlegendes über das Schnellladen und wie man trotz Ladetempo den Akku schützen kann.
Das können Sie selbst tun, um Ihren Handy-Akku zu schützen:
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Zum Laden sollte keine Hardware von Drittherstellern verwendet werden, sondern immer das mitgelieferte Netzteil.
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Sobald der Akku komplett aufgeladen ist, sollte er vom Netzteil abgedockt werden.
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Der Akku sollte im Idealfall erst aufgeladen werden, wenn seine Kapazität unter 60 Prozent liegt
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Eine komplette Entladung gilt es zu vermeiden. Idealwerte sind 20 - 80 %.
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Die Ladung via Kabel schützt den Akku. Deshalb sollte diese Aufladungsart immer vorgezogen werden, auch wenn rein technisch eine Aufladung via Induktion möglich ist.
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Das Handy sollte im Ruhezustand geladen werden. Wenn das nicht möglich ist, dann sollten wenigstens keine rechenintensiven Programme während des Ladevorgangs laufen.
Unter die Haube geschaut: Details über den Ladeprozess
Ein Akku ist eine wiederaufladbare elektrochemische Zelle. Elektrochemische Reaktionen und elektrische Leitungsvorgänge in flüssigen Stoffen erzeugen die Energie.
Aktuelle Smartphones beziehen ihre Power aus Lithium-Polymer-Batterien (Abkürzungen: LiPo und LiPoly Batterie) oder Lithium-Ionen-Batterien (Abkürzungen: LIB und Li-Ionen Batterien). Übereinstimmungen zeigen die beiden Batteriearten in Sachen Zellchemie.
Der Aufbau der Akkus ist gleich, er besteht aus Elektrolyten, einer negativen Elektrode (Kathode) und einer positiven Elektrode, der Anode. Der Motor des Smartphones wird betrieben, indem die negativen Lithium-Ionen über die Elektrolyte zur Anode, also zum positiven Teil des Akkus fließen. Sind sämtliche negative Lithium-Ionen bei der Anode angelangt, ist die Batterie leer. Der Ladevorgang ist im elektrochemischen Sinne der Gegenpart zur Energieabgabe, denn dabei fließen die Ionen zur Kathode, der negativen Elektrode.
Die Ladekurve verläuft dabei in einer wellenartigen Form. Denn ein Akku nimmt im leeren Zustand die meiste Energie auf. Wenn die Speicher des Akkus fast voll sind, vollzieht sich die Energieaufnahme in kleineren Schritten und langsamer. Die Kurve der Ladeleistung ist also zu Beginn sehr hoch und flacht dann umso mehr ab, je näher es an den Punkt der Energiesättigung geht.
Bei der Ladespannung verläuft dieser Prozess divergent. Dabei steht zu Beginn eine maximale Leistung, die hohe Leistungskurve flacht dann aber recht schnell ab.
Die Nutzungsdauer eines Akkus ist begrenzt
Ganz unabhängig davon, ob ein Akku mit Höchsttempo oder ganz konservativ gemächlich aufgeladen wird, seine Nutzungsdauer ist nicht unendlich. Der wichtigste Grund für den Abbau ist die Wärme, die von den Lithium-Ionen abgegeben wird, während sie fließen. Diese thermischen Areale verursachen chemische Veränderungen in den Akku-Zellen. Außerdem bilden sich mit der Zeit Dendrite (astähnliche Gebilde) an der Anode.
Unser Tipp, um unnötige Freisetzung von Wärme zu vermeiden:
Laden Sie Ihren Smartphone-Akku nie auf, wenn er noch fast voll ist. Denn in diesem Zustand ist seine Energiesättigung noch recht hoch, deshalb verläuft die Ladekurve relativ flach. Aber gerade eine geringe Ladeleistung setzt unnötig viel Wärme frei.
Falls Sie iPhone-Besitzer sind, können Sie diesen Tipp besonders nachhaltig umsetzen. Im Menü des iPhone steht unter dem Punkt Einstellungen unter anderem der Unterpunkt Batterie. Im Batteriemenü könne Sie die genaue Angabe der aktuell vorhandenen Akkukapazität in Prozenten abrufen.
Die Hauptursache für den Verschleiß eines Akkus ist also Wärme, respektive die chemisch-elektronischen Konsequenzen aus der Wärmeentwicklung.
Bei der Schnellladung wird mehr Wärme erzeugt, da auch mehr Strom in die Batterie hinein fließt. Deshalb haben Smartphone-Anbieter inzwischen technisch nachgebessert und einige vorsorgliche Maßnahmen getroffen, damit beim Schnellladen nicht mehr Wärme entsteht, als beim Laden in Normalzeit.
Neue technologische Standards zur Unterstützung der Schnellladefunktion
Damit das Aufladen in Hypergeschwindigkeit die Akkus so wenig wie möglich belastet, wurden einige Schnellladestandards auf den Weg gebracht.
Aus dem Hause Qualcomm kommt das Protokoll Quick Charge. Quick Charge bietet die Option auf das Aufladen mit rund 30 Watt. Auf 30 Watt kam auch die Warp Charge 30-Technologie, sie wurde von OnePlus entwickelt. Inzwischen firmieren OnePlus und das Unternehmen Oppo als ein Konzern, dort wurde entschieden, dass der VOOC Flash Charge Standard auch in die Produkte von Oppo integriert wird. Mit diesem starken Standard liegt die Übertragungsleistung des OnePlus 10 Pro bei 85 Watt.
Motorola hat den TurboPower ins Rennen geschickt. Er hat sich allerdings als nicht wirklich konkurrenzfähig erwiesen. Deshalb soll nun nachgelegt werden mit einem Schnellladegerät, das auf 125 Watt kommen soll.
Beim USB Power Delivery handelt es sich um einen Erweiterungsstandard für USB vom Typ C, mit dem eine Ladeleistung von über 100 Watt möglich ist.
Samsung hat sich vorerst für Adaptive Charge entschieden, die adaptive Funktion zum Schnellladen basiert auf der Quick Charge 2.0 Technologie von Qualcomm.
Netzteile mit integrierten Schaltkreisen als Wärmestopper
Eine Lösung für den Smartphoneschutz liefern Netzteile, die integrierte Schaltkreise besitzen. Mit dieser Technologie kann die Wärme herausströmen, und das bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt, nämlich bevor sie zu nahe an die empfindlichen Bauteile kommt. Gegen diese Lösung spricht nur, dass die Adapter ein wenig überdimensioniert sind.
Kühlhardware für besonders coole Akkus
Zum Abkühlen der Akkus hat sich die Hardwareindustrie inzwischen allerhand einfallen lassen. Die Lösungen reichen von Dampfkammern über Hitzeschilde bis zu kompletten Lüftern für Smartphones.
Paralleles Laden zur Aufteilung der Wärmebelastung
Bei dieser Technologie wird der Stromfluss in zwei parallele Akku-Zellen geschickt. Durch die Aufteilung entsteht weniger Wärme. Der Nachteil ist eine leicht limitierte Gesamtkapazität. Denn der Verbau von doppelter Hardware benötigt logischerweise auch doppelt so viel Platz.
Wie gut schützen all die neuen technologischen Standards den Akku wirklich?
Welche Garantien geben die Hersteller für die Nutzungsdauer ihrer Akkus? Beginnen wir mit Xiaomi. Das Unternehmen verspricht dass beim 11T Pro nach 800 kompletten Ladezyklen mit 120 Watt die Akkukapazität immer noch 80 Prozent in der Relation zur Neuware beträgt.
Apple garantiert ebenfalls diese 80 Prozent, allerdings bereits nach 500 Ladezyklen.
Oppo bewegt sich da schon in ganz anderen Dimensionen. Beim neuen Find X5 Pro+ soll die 150-W-SuperVOOC-Technologie eingesetzt werden. Dank dieser Innovation soll der 80 Prozent-Wert der Akkukapazität erst nach 1.600 Ladevorgängen erreicht werden!
Kann man schon heute seriös beurteilen, ob Schnellladen den Akku auch schnell schädigt?
Nein, diese Antwort kann noch nicht gegeben werden, da die Technologie noch so neu ist, das es noch keine Langzeitstudien darüber geben kann. Auf jeden Fall ist temporeiches Laden komfortabel, aber nicht ganz unproblematisch.
Aber bislang spricht vieles dafür, dass der normale Grad an Abnutzung durch das Schnellladen nicht weiter forciert wird. Natürlich muss das Smartphone gegen die erhöhte Wärmeentwicklung geschützt werden. Für diesen Zweck haben die Hersteller eine Reihe von Lösungen für ihre Kunden entwickelt.