Call of Duty: Modern Warfare - Zurück in die Zukunft
Activision will’s wissen: Mit einer neuen Engine soll Call of Duty zu altem Glanz zurückfinden. Wir haben uns angeschaut, ob dieser Plan aufgehen könnte.
Alles neu, alles anders?
Scheinbar hat Activision erkannt, dass die Call of Duty-Maschine nicht jedes Jahr ein paar PS mehr unter der Haube haben kann - denn Modern Warfare spielt sich von Beginn an eine Ecke langsamer, taktischer, bedächtiger, ohne dabei jedoch das recht arcadige Spielgefühl der Vorgänger zu opfern. Verantwortlich ist diesmal wieder das Studio Infinity Ward, das bereits Modern Warfare 1 und 2 entwickelte. Bei dem Entwickler hat man nun jedoch offenbar über den Tellerrand geschaut, denn Features aus anderen großen Shootern - wie Rainbow Six: Siege - halten Einzug. Beispielsweise darf sich der Spieler nun um die Ecke lehnen oder sich auf großen Karten in Teams von jeweils 20 Spielern duellieren - ähnlich wie in Battlefield. Trotzdem möchte man natürlich die eigene Identität nicht verlieren. Ob das gelingt, werden wir im November erfahren.
Das Ende des Schlauchs?
Wer Call of Duty: Modern Warfare anspielt, wird sofort auf eine sehr große, offene Karte geworfen, die recht verschachtelt ist und mehrere Wege zum Ziel erlaubt - anders als die Schläuche aus vorherigen Spielen, die eher an einen Freizeitpark erinnerten. Das Grundprinzip ist zwar noch immer identisch (es führen praktisch immer drei Wege zum Ziel), aber innerhalb dieser Wege dürfen nun mehr Abzweigungen genommen werden. Bleiben wir am Boden oder klettern wir über umgestürzte Fahrzeuge in den ersten Stock einer Fabrik? Der Spieler entscheidet.
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Auf den komplexen und damit unübersichtlichen Karten kann es auch nicht schaden, sich um Ecken zu lehnen - denn Gegner sind versteckter als in den Spielen zuvor. Rennen und auch ein kurzzeitiger besonders schneller Sprint sind zwar weiterhin im Spiel, aber diese sollten mit Bedacht genutzt werden (und nicht etwa, um ein unbekanntes Gebiet zu durchlaufen). Ebenfalls weg: die Mini-Map. Der kleine Radar in der Ecke ist der Schere zum Opfer gefallen, Spieler müssen sich nun also in der "echten" Welt orientieren. Diese Änderung allein sorgt schon dafür, dass Call of Duty: Modern Warfare wesentlich langsamer ist (da Gegner auf der fehlenden Mini-Map natürlich nicht angezeigt werden).
Ob diese Änderung gut oder schlecht ist, spaltet die Community derzeit übrigens: Die halsbrecherische Geschwindigkeit verliert Call of Duty damit ein Stück, da man oft auf gewisse Weise im Dunkeln tappt. Wer also gerne sofort losprescht und aus allen Rohren feuert, wird sich in Modern Warfare umstellen müssen.
Änderungen an den Killstreaks
Ein bekanntes Fundament von Call of Duty waren seit langer Zeit die Killstreaks: Wer besonders viele Gegner in kurzer Zeit ausschaltet, wird für sein Können belohnt. Manchmal gibt es eine Drohne, die Gegner aufdeckt, manchmal einen Luftangriff oder einen Raketenschlag. Verbessert hat sich daran nun der Einsatz dieser Belohnungen, denn dieser findet nun wesentlich strategischer und damit eher an Battlefield angelehnt statt. Die Karten sind zwar allesamt auf Infanterie ausgelegt, aber sie sind besser an die Luftangriffe angepasst.
In vorherigen Spielen hat man oft auf das eigene Glück vertraut: Ein Luftangriff wurde an eine beliebige Stelle geordert - denn irgend etwas wird man schon treffen. Jetzt darf der Spieler taktischer vorgehen: Beispielsweise könnte er eine Gruppe Container bombardieren, die als Brücke zwischen Lagerhallen dient. Brücke weg, Weg abgeschnitten, Gegner eingekesselt. Eine weitere Idee wäre es, einen Helikopter nur um einen sehr hohen Turm kreisen zu lassen, in dem sich traditionell gerne Scharfschützen aufhalten.
Mit jenem Helikopter könnte der Spieler selbst Angriffe fliegen oder auch mit einem Panzer begehrte Flaggenpunkte einnehmen. Immerhin: Die Fahrzeuge explodieren von selbst nach kurzer Zeit, sie sind also kein Kernelement wie in Battlefield. Im richtigen Moment können sie aber trotzdem ein Match entscheiden. Übermächtig sollten die neuen Killstreaks ebenfalls nicht werden: Die angesprochenen Belohnungen gibt es für Abschussserien von 15 Gegnern, was im Spiel nur sehr selten gelingen sollte.
Vorsprung durch Technik
Überarbeitet hat Infinity Ward auch das Grundgerüst von Call of Duty: Modern Warfare. Die Engine ist komplett neu und sieht jetzt nicht nur im Singleplayer-Modus, sondern vor allem im Multiplayer sehr gut aus. Durch Fotogrammetrie wirken Texturen und Objekte extrem real, Physical Based Rendering hingegen lässt Lichtreflexionen abhängig vom Material fantastisch aussehen. Geschraubt wurde auch am Sound, der jetzt deutlich mehr Druck entfaltet. Die Shotgun donnert durch Straßenschluchten, der gewaltige Schuss einer Desert Eagle zieht ein passendes Echo hinter sich her. Auch der Rückstoß der Waffen wurde geändert, denn der wirkt sich nun wesentlich stärker aus, als etwa in Black Ops IIII, wo der Spieler eher wie ein Westernheld aus der Hüfte schießen durfte.
Natürlich schraubt die neue technische Opulenz auch die Anforderungen in die Höhe: Auf der Gamescom 2019 in Köln wurde Call of Duty: Modern Warfare mit einer GeForce GTX 2080 gebündelt. Für die hohe Investition in einen leistungsstarken PC bekommt der Spieler aber auch etwas geboten: Waffenmodelle sind überaus detailliert, Stahl reflektiert mal sehr hell und mal etwas matter, Kerben und Schrauben und Uniformen sind verdreckt, verrostet und erfrischend echt - ganz anders als etwa im letzten Teil, der schon fast in eine kunterbunte Fortnite-Richtung ging. Kleine Highlights setzt Call of Duty: Modern Warfare ebenfalls: Azhir Cave ist eine Multiplayer-Karte, die komplett bei Nacht spielt. Hier tragen Spieler Nachtsichtgeräte, welche die Umgebung im gespenstischen Grün mit dem typischen Bildrauschen dieser Geräte anzeigen.
Rückkehr zu starken Kampagnen?
Im letzten Teil von Call of Duty fiel die Kampagne komplett weg, Modern Warfare kehrt jedoch wieder dahin zurück. Die Story wird aus gleich mehreren Perspektiven erzählt, die darin erwähnten Themen fühlen sich durchaus "erwachsen" an.
Ein Aspekt der Kampagne zeigt den Weg eines Mädchens zu einer Freiheitskämpferin: Ihre Mutter wird durch Bomben getötet, der Vater stirbt ebenfalls. Als auch der kleine Bruder erschossen werden soll, schnappt sich das Mädchen einen Schraubendreher und sticht damit auf einen Soldaten ein, bis dieser umkippt. Es folgt ein Gasangriff aus dem Flugzeug, der ein halbes Dort ausradiert, während das Mädchen und ihr Bruder auf der Flucht sind und sich unter den Toten verstecken.
Damit versucht Call of Duty: Modern Warfare, die zuletzt etwas zu abgehobene Serie wieder in der Realität zu erden. Ob das gelingen wird oder nicht, wird der Release des Spiels zeigen.
Fazit: Call of Duty: Modern Warfare könnte gut werden
Die Weichen sind gestellt, um das vielleicht spannendste Call of Duty der letzten Jahre zu präsentieren. Denn die jährlichen Releases waren vielleicht gute Gelddruckmaschinen für Activision - aber wirklich überrascht hat die Spieleserie schon lange nicht mehr. Sehr auffällig sind die Zugeständnisse an andere Genrevertreter wie Battlefield und Rainbow Six. In diesem Fall ist das auch eine gute Sache, um das über die Jahre etwas ausgelutschte Prinzip von Call of Duty zu revitalisieren. Vor allem von Battlefield könnte Call of Duty: Modern Warfare einige Spieler stehlen, denn in dieser Community herrscht aktuell keine allzu hohe Zufriedenheit mit dem Shooter.
Das eigentliche Highlight könnte jedoch die Kampagne werden. Singleplayer-Shooter sind ohnehin Mangelware und es scheint, als würde Infinity Ward doch recht mutig vorgehen und sich nicht davor scheuen, kontroverse Themen anzuschneiden. Das Grundgerüst besteht aber nach wie vor aus Call of Duty. Das soll heißen: Wer in den letzten Jahren keinen Spaß an dem Spiel gefunden hat, wird wahrscheinlich auch mit Modern Warfare keinen guten Lauf landen. Fans der Serie werden sich jedoch freuen können, denn nicht zuletzt dank nagelneuer Technik könnte endlich wieder ein wirklich gutes Spiel auf unseren Festplatten landen.