Jetzt kommt der Monster-SUV
Das erste eigenständige Modell der M GmbH seit dem M1 von 1978 ist in vielerlei Hinsicht das genaue Gegenteil: Sports Utility Vehicle statt Sportwagen, wuchtig und hoch statt flink und flach, stark, aber schwer. Die Serienversion des 2021 als Concept Car vorgestellten XM rollt 2023 auf die Straßen – vor allem in den USA. Patentbilder zeigen, dass sich an der Optik wohl fast nichts ändern wird. Premiere feiert der XM am 27. September 2022 in den USA.
Die großen Unterschiede zwischen dem BMW XM und dem Erstlingswerk der 1972 als Motorsport GmbH geborenen BMW-Tochter entspringen dem Trend zum SUV, dem nahezu alle sportlichen Marken nachlaufen müssen. Siehe Aston Martin DBX, Lamborghini Urus oder auch Porsche Cayenne. Sie alle wird das seriennahe BMW Concept XM überragen: Mit dem Radstand eines X7 (3,10 Meter) kommt der XM auf eine Länge von 5,11 Meter (nur vier Zentimeter weniger als der X7), 2,20 Meter Breite und eine Höhe von 1,73 Meter. Damit überragt er den M1 von 1978 um fast 60 Zentimeter, den X7 unterbietet der XM immerhin um sieben Zentimeter. Vom bisherigen Top-SUV hebt er sich vor allem durch sein, vorsichtig ausgedrückt, extrovertiertes Design ab. Zahlreiche Kanten und Sicken, eine hoch aufragende Front mit riesiger Doppelniere und eine vergleichsweise flache Windschutzscheibe machen den XM zusammen mit der schieren Größe zu einer auffälligen Erscheinung. Das Design dokumentiert zudem, dass die M GmbH das Thema Luxus für sich entdeckt hat: Die ultraflachen Scheinwerfer und die illuminierte Riesenniere wird auch der 2022 erscheinende neue 7er tragen.
Serien-Design ändert sich nur wenig
Die Hoffnung, dass BMW das Design für die Serie noch deutlich entschärft, zerstreuen jetzt aufgetauchte Bilder zur Design-Patentanmeldung des XM. Die Frontschürze zeigt darauf einen neuen unteren Grill mit Sensorfeld, am Heck weichen die ultra-schlanken Lichtstreifen konventionelleren LED-Leuchten. Vier trapezförmige Auspuffendrohre bleiben, werden aber neu gruppiert. Zudem scheint die Dachlinie nach hinten stärker abzufallen. Einzug halten gleichzeitig konventionelle Außenspiegel im M-Look sowie eine neu angesetzte Motorhaube. Ebenfalls neu sind die Bügeltürgriffe.
Innenraum mit Luxus-Fond
Die üppigen Abmessungen ermöglichen einen Fond, dessen Geräumigkeit jede Luxuslimousine alt aussehen lässt. "Damit interpretieren wir das Segment der High-Performance-Automobile völlig neu!", so Franciscus van Meel, der neue Geschäftsführer der BMW M GmbH. Man unterstreiche damit die eigene Fähigkeit, mit herkömmlichen Konventionen zu brechen und Grenzen zu verschieben. Das immerhin ist gelungen, denn wer konventionell denkt, wird einen solchen Klotz nicht für sportlich halten.
Für luxuriös schon. Denn der Fond wirkt nicht nur enorm geräumig, sondern ist auch so flauschig gestaltet, dass die von BMW gewählte Bezeichnung "Lounge" nicht weit hergeholt scheint: Die ausgeformten Sitznischen sind mit petrolfarbigem, gestepptem Samt ausgeschlagen, am Boden wartet hochfloriger Teppich auf das hoffentlich saubere Schuhwerk der Passagiere und der Dachhimmel zeigt eine dreidimensionale Prismenstruktur, die dank indirekter und direkter Beleuchtung wie ein Relief wirken soll. Das Ambiente-Licht dafür lässt sich in den drei BMW M Farben (Rot, Lila, Blau) anwählen. Cockpit und Vordersitze sind im Kontrast zum Fond eher klassisch sportlich gestaltet: Schweres braunes Leder überspannt Sportsitze und weite Teile des Armaturenträgers sowie der Türverkleidungen. Ein Kupferfaden im Karbon auf der Mittelkonsole sorgt für einen farblichen Brückenschlag zwischen Kohlefaser und Tierhaut. Das Bedienpanel erinnert wie der Wählhebel und der iDrive-Controller in Schwarz und Alu an aktuelle M-Modelle, das große Curved-Display an den Elektro-SUV iX.
Antrieb mit Extra-Elektro-PS, Gewicht mit Luxus-Zuschlag
Das mit dem luxuriösen Raumangebot und der Fahrzeugkategorie einhergehende Gewicht könnte auf Werte steigen, die man bislang eher im Nutzfahrzeug-Bereich verortet hätte. Schon ein X7 M50i mit V8 wiegt 2.565 kg. Beim X5 kommen vom M50i bis zum X5 M 85 Kilogramm dazu, der X5 Plug-in-Hybrid (mit 6-Zylinder) ist noch mal 100 Kilogramm schwerer. Allein Akku (mit 21,58 kWh Nettokapazität) und E-Antrieb sorgen bei ihm für 335 Kilogramm Mehrgewicht gegenüber der nur vom gleichen 6-Zylinder angetriebenen Version. Dieses Mehrgewicht stumpf auf den X7 mit V8 hinzuaddiert, ergäbe in Summe 2,9 Tonnen.
Ganz so viel wird es am Ende sicher nicht, doppelt so viel wie vor 43 Jahren beim M1 (1.300 Kilogramm Leergewicht) aber allemal. Neben der Leibesfülle haben die vielen Pfunde ihre Ursache ausgerechnet auch im für sportliche Fahrleistungen nötigen Antrieb: Der gründlich überarbeitete V8-Biturbo bekommt Unterstützung von einer "hoch performanten E-Maschine". Mit 750 PS Leistung und einem maximalen Drehmoment von 1.000 Nm versprechen die Münchner das stärkste jemals in Serie gebaute M-Modell. Dass es auch das schwerste wird, liegt auch beim XM vor allem am Akku, der anders als bei Mercedes-AMG (6,1 kWh brutto) deutlich über 20 kWh haben muss: Bis zu 80 Kilometer soll der Plug-in-Hybrid "nahezu geräuschlos" rein elektrisch "gleiten" können. Das sollen künftig auch andere M-Modelle beherrschen: Der Antriebsstrang wird etwa im Nachfolger des M5 (2023/24) Verwendung finden und dort auch mit kleinerem Akku für genug E-Reichweite sorgen.
Wohl (nur) 2 Motoren, 8 Gänge, 4 angetriebene Räder
Über Details der Antriebstechnik gibt BMW noch nichts preis. Klar ist: Der überarbeitete V8 muss die Euro-7-Abgasnorm zu erfüllen und dürfte dabei kaum Leistung verlieren, der Akku gegenüber dem im X5 40e xDrive aber an Gewicht – allein schon, weil die Batterietechnik Fortschritte macht. Prognose: BMW wird sich auf eine E-Maschine im bekannten ZF-8-Gang-Automatik-Getriebe beschränken, auch wenn zwei an der Hinterachse flinkeres Torque Vectoring ohne großen mechanischen Aufwand bringen könnten. Das brächte aber womöglich wieder die Pfunde obendrauf, die man sich beim Akku gespart haben könnte. Außerdem ist in der Pressemitteilung ausdrücklich von einer E-Maschine die Rede. Die Gewichtsverteilung dürften die Batterien im Hinterwagen wie im X5 PHEV auch so ausgleichen, für ordentlich Traktion wird der bekannte Allradantrieb der M GmbH sorgen.
Vermutlich muss sich der XM gar nicht viele Gedanken ums Gewicht machen, denn seinen Hauptmarkt sieht BMW in den USA, wo er ab Ende 2022, dem Jahr des 50. Geburtstags der M GmbH, im Werk Spartanburg vom Band laufen soll. Dort werden die Kunden mit dem XM nicht der Größe wegen auffallen, aber vermutlich wegen des Designs, das am Heck das einzige Detail bereithält, das der neue BMW M mit dem M1 gemein hat: zwei BMW-Logos oben – aber auch die verschwinden am Serienmodell. Premiere feiert der XM dann natürlich auch in den USA – und zwar am 27.September 2022. Für europäische Fans ist das die Nacht zum 28.9. (01:00 Uhr)