Richtige Messung - wie schnell arbeitet Ihre SSD wirklich?
Wie misst man das reale Tempo einer SSD? Wie löst man Bremsen, die sich eventuell im System verstecken? Diese und weitere Fragen werden im folgenden Text kompetent beantwortet.
Das müssen Sie zur Geschwindigkeit Ihrer SSD wissen:
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Die gefühlte Geschwindigkeit
Die Wahrnehmung von Zeit und Geschwindigkeiten ist eine subjektive Angelegenheit. Diese Erkenntnis ist zwar nicht neu, aber hilfreich im Bewerten des Arbeitstempos einer SSD. Selbstverständlich ist eine SSD im Vergleich zu einer Festplatte fixer.
Bei einem neuen Computer mit einer integrierten SSD ist die subjektive Wahrnehmung eines schnelleren Datentransfers auch einfach mit den neuen und damit taufrisch und leeren Speicherzellen verbunden. Das gleiche Prinzip gilt auch bei einem Wechsel auf Windows 11, das neu installierte Betriebssystem ist noch ganz leer und deshalb besonders aufnahmefähig. -
Die Geschwindigkeit laut Herstellerangabe
Jeder Hersteller wirbt mit hohen Datentransferleistungen, die seine Produkte angeblich bewältigen. Bei diesen Angaben muss unbedingt berücksichtigt werden, dass es sich um Werte handelt, die unter nicht realistischen Laborbedingungen erzielt wurden. Zudem existiert für die Messung von Datentransfer und IOPS keinerlei verbindliche Norm. Und ohne Norm kann kein seriöser Vergleich vorgenommen werden. -
Die reale Geschwindigkeit
Damit ist das objektiv messbare Tempo gemeint. Die konkreten Zahlen lassen sich mit Software zum Testen der Arbeitsgeschwindigkeit eruieren.
Um das reale Tempo zu beurteilen, benötigt man auch Informationen darüber, was eine SSD ausbremsen, beziehungsweise beschleunigen kann. Auf der Basis dieser Zahlen und Fakten kann dann objektiv beurteilt werden, ob die Anschaffung einer neuen SSD sinnvoll ist. -
Nicht jeder Befehl wird prompt ausgeführt
Wie fix eine SSD ihre Befehle ausführt, ist abhängig von der Art der Aufgaben. Denn wie bei jeder anderen Hardware auch, kann eine SSD bestimmte Aufgaben direkt und mit einem hohen Tempo erfüllen. Befehle anderer Art können sie dagegen so stark in Anspruch nehmen, dass ihre Transferrate deutlich ins Stocken gerät.
Daten können von einer SSD schneller gelesen als geschrieben werden, dieses unterschiedliche Arbeitstempo bei unterschiedlichen Befehlen ist rein technisch bedingt. Dieser Unterschied in der Schreib- und Leseleistung wird mit der Nutzungsdauer immer größer. Denn der Controller kann nur in leere Speicherzellen schreiben. Sind die Zellen bereits mit Daten belegt, muss er die Daten zunächst löschen oder in andere Speicherzellen schreiben, erst dann kann er den eigentlichen Schreibbefehl ausführen. Das kostet Zeit und je mehr Speicherzellen belegt sind, umso heftiger reduziert sich das Schreibtempo.
Falls der Controller vom Betriebssystem die Nachricht erhält, dass bestimmte Daten nicht mehr benötigt werden, kann er sie auch löschen, um Platz zu schaffen. Aber auch dieser Vorgang benötigt ein bestimmtes Zeitfenster. Je mehr an Speicherplatz auf dem Flash-Speicher bereits belegt ist, desto geringer ist also der Anteil an verfügbaren leeren Speicherzellen. Aus diesem Grund wird die Schreibleistung im Laufe der Nutzungszeit einer SSD immer weiter ausgebremst. -
Neue Funktionen machen Tempo und erzeugen zusätzliche Produktqualität!
Um dieses Problem in den Griff zu bekommen, haben Hersteller verschiedene Strategien entwickelt. Es werden zum Beispiel diverse neue Funktionen in eine SSD integriert, die die Speicherplätze kontrollieren und gegebenenfalls bearbeiten, damit immer genug leere Zellen zum Beschreiben parat stehen. Diese Strategie hält nicht nur die Schreibleistung hoch, sie hat noch einen weiteren unschätzbaren Vorteil: Sie verlängert die Nutzungsdauer der SSD, da jeder einzelne Speicherplatz nur eine begrenzte Anzahl von Schreibvorgängen unbeschadet übersteht.
Eine weitere technische Taktik gegen das Absinken der Schreibleistung ist das Überprovisionieren (Over Provisioning). Beim Überprovisionieren wird ein Teil der unbelegten Speicherzellen dem Betriebssystem nicht als freies Platzangebot zur Verfügung gestellt. Das Betriebssystem meldet deshalb oft weniger an freiem Speicherplatz, als der Flash-Speicher laut Herstellerangaben eigentlich besitzen müsste. Dieser rein für den Controller reservierte Anteil an freien Speicherzellen liegt je nach Hersteller und Bauart einer SSD zwischen 6 und 30 Prozent. Beim Over Provisioning wird also mehr an IT-Ressourcen bereitgestellt, als das Betriebssystem braucht und tatsächlich bekommt.
Anwender haben die Option, mit vom Hersteller zur Verfügung gestellten Tools zu prüfen, ob und wie viel Prozent eine SSD an Speicherplatz durch überprovisionieren reserviert hält. -
Speicherkapazität und Tempo
Je mehr Speicherzellen vorhanden sind, umso schneller findet der Controller freie Zellen, auch wenn die SSD schon eine längere Verwendungszeit hinter sich hat. Unter diesen Voraussetzungen bleibt die Schreibleistung auf einem hohen Niveau.
Ein Plus an Speicherkapazität bedeutet auch ein Plus an Speicherchips. Dadurch kann die SSD, zumindest dann, wenn sie auch über entsprechend große Zahl an Speicherkanälen verfügt, eine hohe Geschwindigkeit halten, da ein paralleles Abarbeiten der Befehle möglich ist. SSDs mit dem Zugriffsprotokoll NVMe haben diese Kompetenz in der Regel, da sie dazu in der Lage sind, parallele Befehle bearbeiten und administrieren zu können. -
Der Trim-Befehl
Mit dem Trim-Befehl kommuniziert das Betriebssystem in Richtung Laufwerk, welche Dateien nicht mehr gebraucht werden. Der in der SSD verbaute Controller löscht die überflüssigen Dateien während der regelmäßig von ihm durchgeführten Aufräumarbeiten. Durch die Löschung im Vorfeld sind die Speicherzellen dann bereits verfügbar, wenn der nächste Befehl zum Schreiben an die SSD gesendet wird. Die "Großputzaktion" wird in der Fachsprache als "Garbage Collection" bezeichnet und findet nur dann statt, wenn sich die SSD im Leerlauf befindet. Dieses Leerlauf-Zeitfenster wird extra verwendet, damit keine Befehle zum Schreiben oder Lesen unnötig behindert werden.
Bei Windows 10 und 11 kann man mit dem folgenden Befehl prüfen, ob der Trim-Befehl bereits aktiviert ist: "fsutil behavior query disabledeletenotify".
Wenn der Befehl vom System bereits verwendet wird, dann antwortet Windows mit "=0 (Deaktiviert)". Damit der Trim-Befehl aber auch tatsächlich funktioniert, muss auch die SSD wissen, was sie dabei tun muss. Um herauszufinden, ob eine bestimmte SSD diesen Befehl kennt, kommen SSD-Tools wie Hard Disk Sentinel oder Crystaldiskinfo zum Einsatz.
Bei nicht mehr ganz taufrischen SSDs kann ein Hersteller-Update oder ein aktueller Treiber hilfreich sein, damit die leicht veraltete Technik den Trim-Befehl lernt. -
Die Freeware-Tools Hard Disk Sentinel und Disk Counters View
Mit der Software "Hard Disk Sentinel" lässt sich sehr komfortabel und schnell eruieren, wie die Relation zwischen den Schreib- und Leseleistung aussieht. Dazu muss der Anwender nur auf den Menüpunkt: "Laufwerk Leistungsfähigkeit" klicken und sieht dann direkt in den ersten beiden daraufhin eingeblendeten Zeilen die Leistung in beiden Bereichen der SSD seit der Installation des Programms und seit dem Programmstart.
Informationen über die Arbeitsvorgänge liefert auch die Freeware: "Disk Counters View", sie verwendet dabei den Befehl von Windows: "diskperf". Mit diskperf protokolliert das Betriebssystem die Leistung der Speichergeräte. -
Die Relation der Dateigröße zum Übertragungstempo
Gerade bei Schreibvorgängen ist die Größe einer Datei ein wichtiger Fakt. Der SSD-Speicher ist in Blöcken zu jeweils 512 KB zusammengefasst. Diese Speicherblöcke setzen sich aus den Speicherseiten zusammen, die eine Größe von 4 KB haben. Damit die SSD in eine der Speicherseiten schreiben kann, muss sie im Vorfeld den kompletten Speicherblock an einen anderen Ort verschieben oder seinen Inhalt löschen. Bei einer großen Datei kann die SSD ein hohes Tempo halten, da sie in dem Falle den ganzen Speicherblock löscht oder verschiebt. Bei kleinen Dateien fällt der Arbeitsaufwand dementsprechend höher und damit das Arbeitstempo langsamer aus. Ein gutes Beispiel für das Tempo in der Praxis ist das Kopieren einer Videodatei, hier fährt die SSD zu Höchstleistungen in der Menge der Datenverarbeitung hoch. Bei einem Kopiervorgang mit vielen einzelnen kleinen Dateien arbeitet die Hardware wesentlich langsamer. -
Freeware Tools zum Testen einer SSD
Mit dem Einsatz von kostenloser Software zum Testen einer SSD kann schnell definiert werden, für welches Spektrum an Aufgaben sie sich am besten eignet. In der Kombination mit professionellen Benchmarks kommen Tools dieser Art auch bei gängigen Tests des Flash-Speichers zum Einsatz. Auf der Basis der Testergebnisse müssen Käufer sich bei der Auswahl einer neuen SSD nicht alleine auf die technischen Daten der Hersteller verlassen. Ihre Kaufentscheidung kann auch aufgrund bestimmter Testergebnisse getroffen werden, die die alltägliche Arbeit am Computer am besten abbilden.
Wir empfehlen die kostenlose Software "Crystaldiskmark" für einen fundierten SSD-Test. Unsere Empfehlung beruht nicht nur auf der Qualität der Software. Zu ihren hervorragenden inneren Werten gesellen sich eine intuitive Bedienung, eine überschaubare Auswahl an Funktionen und regelmäßige Updates.
Ohne regelmäßige Updates müssen SSD-Tests wie AS SSD Test oder Atto Disk Benchmark auskommen. Damit öffnen sich im schlimmsten Falle Sicherheitslücken, deshalb können wir diese beiden Tests nicht zu 100 Prozent empfehlen. Trotzdem handelt es sich bei beiden Tools um hochwertige Freeware.
Positiv bewerten wir auch das professionelle Testtool Iometer. Für den Laien ist diese Software allerdings nicht so ganz einfach zu durchschauen und zu bedienen, das sie recht umfangreich und komplex in Sachen Funktionen und Bedienung ist. -
Die Arbeitsweise von Crystaldiskmark
Zu Beginn kontrolliert die Software Crystaldiskmark mit standardisierten Einstellungen in den ersten zwei Testdurchläufen SEQ1MQ8T1 und SEQ1MQ1T1, also die sequenzielle Leserate und Schreibrate der SSD.
Danach kommen die Testdurchläufe RND4KQ32T16 und RND4KQ1T1, mit ihnen wird die Datentransferleistung bestimmt, wenn die Befehle und Zugriffe einen unterschiedlichen, beziehungsweise zufälligen Charakter haben.
Crystaldiskmark übermittelt die Testergebnisse in Form der Datenübertragungsrate in Megabyte pro Sekunde. Andere Tests geben ihre Ergebnisse in der Einheit: Input/ Output Operationen pro Sekunde (IOPS) an. IOPS gibt an, wie viele Befehle aus den Bereichen Lesen und Schreiben eine SSD pro Sekunde umsetzen kann. Sinn dieser Variante der Leistungsmessung liegt darin, eine bessere Qualität bei der Bewertung von zufällig ausgewählten Zugriffen zu erreichen. Es dreht sich also mehr um die Frage, wie schnell die SSD die Datenströme transferiert. Die Frage nach der Datenmenge ist bei der IOP-Messung zweitrangig.
Übrigens kann Crystaldiskmark nicht nur die Datenübertragungsrate in MB pro Sekunde darstellen, die Software zeigt das Testergebnis auch in der Einheit IOPS an. Dazu muss der Anwender nur den Cursor der Maus auf die Bezeichnung IOPS in der Tabelle bewegen.
Aber unabhängig davon, welcher Test durchgeführt wird, bezieht sich die Messung in jedem Fall auf die Datei oder mehrere Dateien, die gelesen oder geschrieben werden sollen. Deshalb hängt die Durchführung und das Ergebnis logischerweise immer von der Art des Dateisystems und von der Dateigröße ab.
Die Standardeinstellung bei Crystaldiskmark für die Größe der Testdateien ist 1 GB. User können die Dateigröße manuell verändern, das geht über das zweite Drop-down-Feld von links.
Mit einer Dateigröße von mehr als einem GB lässt sich zum Beispiel herausfinden, ob durch den zeitaufwändigeren Schreib- und/oder Lesevorgang Probleme im Bereich der Erwärmung der Hardware auftreten. Oder ob der Cache der SSD keine Aufnahmekapazitäten mehr hat und es aus dem Grunde zu einer Reduzierung der Datenübertragungsrate kommt. -
Das Tempo einer SSD, errechnet und definiert durch Crystaldiskmark
Die besten Ergebnisse erreicht eine SSD in der Regel beim ersten Test. Die niedrigsten Werte erzielen die meisten Flash-Laufwerke im vierten Test. Das liegt daran, dass im ersten Test sequenzielles Lesen abgefragt wird, diese Aktion ist für eine SSD sehr leicht zu bewältigen. In Verbindung mit der extremen Abfragetiefe von 8 Q kann eine aktuelle SSD die komplette Bandbreite der Hardwareschnittstellen ausreizen. So kommen die tollen Ergebnisse im 1. Test zustande, doch leider haben diese Werte keine große Relevanz zu der alltäglichen Arbeit am Computer. In der täglichen Praxis muss die SSD Multitasking beherrschen. Denn die Mehrzahl der User erledigen gleichzeitig mehrere Sachen am PC. Da wird ein Excel-Dokument erstellt, nebenbei läuft Musik oder ein Video und im Hintergrund kontrolliert der Virenscanner ob die Sicherheit des Computers im grünen Bereich liegt. Multitasking und die Reaktion auf viele parallel laufende Anfragen wird von der Test-Software erst im 4. Test abgefragt und dort sind dann die Ergebnisse nicht so berauschend. -
Kleine Analyse der Testbezeichnungen
Das Kunstwort SEQ1MQ8T1 als Testname gibt Aufschluss darüber, aus welchen Elementen die Testdatei zusammengesetzt ist. "1M" bedeutet ein Dateiblock in der Größe von einem Megabyte. Die Ziffer hinter dem zweiten Q, also in unserem Beispiel die 8, definiert die Tiefe der Anfrage (Queue Depth). Diese Anfragetiefe steht für die Zahl der Anforderungen, die von einem Programm oder einem anderen Systemprozess gleichzeitig an die SSD gestellt werden.
Das T ist eine Abkürzung für Threads und die nachfolgende Zahl beziffert die Prozesse, die die SSD gleichzeitig beanspruchen. Es hängt von der Bauart und der technischen Ausstattung der SSD ab, ob sie schneller und besser im Bereich der Anzahl der Threads arbeitet oder bei der Anfragetiefe die Nase vorn hat. Auf jeden Fall kann ein integrierter Controller die eingehenden Befehle zwecks einer rascheren Abarbeitung neu ordnen und auf mehrere Verbindungen zum Speichern verteilen. -
Die Speicherzellen im Cache der SSD
Um eine hohe Datentransferleistung zu erzielen, nutzt die Mehrzahl der aktuellen SSDs ihren internen Cache. Der interne Cache setzt sich aus SLC-Zellen zusammen, denn sie lassen sich rascher beschreiben als die QLC- oder TLC-Speicher. Sobald alle SLC-Speicherzellen belegt sind, muss allerdings auf die langsameren Zellen zugegriffen werden, das bedeutet einen großen Verlust an Geschwindigkeit. Wann der Wechsel passiert, ist davon abhängig, wie groß der Cache dimensioniert ist.
Der Test-Wert "Wear Leveling Count" bezeichnet die Zahl der freien Speicherzellen in einer SSD. Mit dem Wert "Used Reserved Block Count" werden die in Reserve gehaltenen Zellen mathematisch definiert. Der Idealzustand wird bei den meisten Test-Tools mit 100 angezeigt. Je mehr sich der Wert von der 100 entfernt, umso weniger freie oder in Reserve gehaltene Speicherzellen sind noch verfügbar. -
PCMark 10 Professional Edition: Kein Schnäppchen - Die Testsoftware für Profis
In der Professional Edition von PCMark 10 ist der Storage Benchmark enthalten. Storage Benchmark testet praxisnah mit echten Programmen. Allerdings hat diese enge Anlehnung an die Realität ihren Preis: Die Professional Edition kostet etwa 1.500 US-Dollar.
Das Tool arbeitet mit vorgefertigten Software-Prozessen, das können Games sein, der Start des Betriebssystems und typische Programmabläufe in Office-Tools. Kombiniert wird das Ganze mit dem Schreiben und Lesen von einer großen Menge an kleinen Audiodateien und dem Kopierauftrag für eine große Datei. Mit dieser bunten Mischung trifft die Software ziemlich perfekt den Alltag eines Computers. Das Gesamtergebnis wird in Punkten definiert, die sich aus der Arbeitszeit und der Datenübertragungsrate summieren.
Im Test mit der Professional Edition erzielen speziell die SSDs mit einem rasch arbeitenden Cache-Speicher die besten Ergebnisse. Das Unternehmen Intel stellt diese Art von SSDs her. Auffällig ist, dass gerade die Flash-Speicher mit dieser Bauweise bei den Tests durch die kostenlosen Software normalerweise die schlechtesten Werte erreichen. Denn die hohe (und realitätsferne) Abfragetiefe und die sequenzielle Datenrate lassen einen schnellen Cache-Speicher nicht zu seiner Hochform auflaufen.